Kühlen Kopf und warmes Herz bewahren
Wir erleben gerade sehr herausfordernde Zeiten. Zeiten, die wir so alle noch nicht erlebt haben. Gerade dann, wenn im außen so viel Unsicherheit herscht, die Dinge ganz anders laufen als gewünscht, geschweige denn jemals erwartet wurden, ist es wichtig das innere Gleichgewicht zu bewahren.
In den Meditations- und Achtsamkeitslehren kennt man hierzu die Qualität der Gleichmut. Gleichmut ist keines falls zu verwechseln mit Gleichgültigkeit. Gleichmut bedeutet zu verstehen, dass schwierige Gedanken und Stimmungen noch länger anhalten, wenn wir sie bekämpfen oder uns mit ihnen übermäßtig identifizieren.
Aus diesem Verständnis heraus halten wir nicht daran fest und behalten einen kühlen Kopf und ein warmes Herz - dies ermöglicht uns, uns in jedem Moment zu fragen: "Was wäre hier eine hilfreiche Antwort? Was würde mein Wohlergehen und das Wohlergehen anderer jetzt unterstützen?"
In seinem kürzlich veröffentlichten Blog erklärt Willem Kuyken vom Oxford Mindfulness Centre, wie die Qualität des Gleichmuts angstvolle Reaktionen lindern und zu unserem und dem Wohlbefinden anderer beitragen kann.
Hier kannst du den gesamten Artikel (übersetzt und mit freundlicher Genehmigung von Dennis Johnson) nachlesen.
In-herausfordernden-Zeiten-einen-kühlen-Kopf-und-ein-warmes-Herz-bewahren.pdf
Ich möchte aus diesem Blog gerne folgende Übung mit dir teilen. Möge sie dir helfen, Stabilität und inneres Gleichgewicht zu bewahren.
Achtsamkeitsübung: Gleichmut
Nimm dir einige Augenblicke Zeit, um deine Aufmerksamkeit auf den Atem zu richten und sie dort zu verankern und zu stabilisieren. Nimm eine Haltung ein, die ein Gefühl von Wachheit und Würde vermittelt.
Sobald deine Aufmerksamkeit sich stabilisiert hat, lass in deinem Geist das Bild eines wohlbekannten Berges erscheinen: seine Basis, seine Flanken, wie er sich von seiner festen Basis erhebt. Nimm dich selbst als dieser Berg wahr, mit einer soliden Basis, wo du gerade Bodenkontakt hast, mit einem stabilen Körper, und einem Kopf, der vom Oberkörper getragen wird. Gleich einem Berg, der an jedem Tag, zu jeder Jahreszeit, über die Jahre hinweg in sich ruht, erlaube dir zu spüren, wie du mit Würde und Wachheit hier ruhst, mit dem Atem als dein Anker, während Erfahrungen kommen und gehen – ebenso wie ein Berg, der inmitten aller Ereignisse in sich selbst ruht. Wie ein Berg in sich wandelnden Wetterverhältnissen, so ruht dein Körper und Geist, während Gedanken, innere Bilder, Körperempfindungen, Handlungsimpulse und Emotionen kommen und gehen. Öffnen dich für das Gefühl der standhaften und ruhigen Natur des Berges.
Während deiner Tage, widme dein Gewahrsein so gut wie möglich den einzelnen Momenten des Tages, indem du allem mit einer Anerkennung und Gewährung begegnest, die gelassen und ausgeglichen ist. Begegne allen Erfahrungen, ob angenehm, unangenehm oder neutral, so gut wie möglich mit dieser Haltung. Erkenne die einzelnen Momente deines Tages, erlaube ihnen zu sein, und nimm sie fürsorglich an.
Ich wünsche mir sehr, dass es uns in dieser ausergewöhnlichen Zeit gelingt ein warmes Herz und einen kühlen Kopf zu bewahren und dass wir in dieser Krise auch eine Chance für ein neues bewussteres Miteinander sehen können. Da Angst und Stress unserem Wohlbefinden und Immunsystem nachweislich schaden, lasst uns in diesen Tagen Gleichmut üben und uns in Momenten des Sorgens an diese drei Fragen erinnern.
"Was wäre hier jetzt eine wirklich hilfreiche Reaktion? Was würde mein Wohlergehen und das Wohlergehen anderer jetzt unterstützen?"
Und wenn es nur ganz kleine Dinge sind, wie ein tiefer Atemzug, ein fürsorglich, tröstendes Wort oder das Spüren der warmen Sonne auf der Haut. Es ist jedenfalls besser, als an schwierigen Stimmungen und Gedanken festzuhalten. Schwer genug bei dieser medialen Dauerflut. Information ist Krisenzeiten wichtig, keine Frage, aber es sind wir, die entscheiden, was, wann, wie oft, gehört, gelesen oder angesehen wird und vor allem, wie wir darauf reagieren. Wenn Situationen im Außen nicht veränderbar sind, bleibt uns immer noch die Änderung unserer inneren Haltung dazu.
Herzlichst,
© brainsisters, Sylvia Fischer, März 2020