Frühling Holz

Die gute Frau mit der Goldenen Krone
Ein modernes Märchen  

Es war ein Mal vor langer Zeit, da herrschten Gier und Machtrausch auf dem Planeten Erde. Es war eine dunkle Zeit, doch die Menschen merkten es gar nicht. Sie wurden vom herrschenden König so weit von ihrem inneren Kern getrennt, dass sie all die Ablenkungen und Luxusgüter, die ihnen von ihrem Herrscher immer wieder wie eine Möhre vors Maul gespannt wurden, als einzige erstrebenswerte Realität wahrnahmen. Durch die Trennung von ihrem Innersten, fühlten die Menschen sich leer und machten sich auf die Suche die Leere zu füllen.

Die suchten nach dem schnellen Glück im Außen und wurden verführbar. So wurde produziert und produziert, entwickelt und entwickelt und immer neuere Errungenschaften nährten die Bedürftigkeit der Menschen. Dafür wurde der Planet rücksichtslos ausgebeutet.

Doch eines Tages merkte der Herrscher, dass er dabei war auch seine eigene Lebensgrundlage zu zerstören und er überlegte, wie er die Situation verändern könnte. Die Erde gab nicht mehr so viel her, dass alle gesättigt werden konnten. Der König fürchtete um sein eigenes gut erworbenes Leben. Auch ein zweites Problem machte ihm zu schaffen. Mehr und mehr Menschen fanden wieder zu ihrem inneren Kern und erkannten dass das ewige Streben im Außen nicht zum wahren Glück führt. Sie begannen sich aus den Verführungen des Mächtigen zu lösen. Auch das gefiel dem König nicht, da er merkte, dass er über diese Menschen keine Herrschaft mehr hatten. So lud er die reichsten und klügsten Köpfe zu einer Konferenz um zu beraten, wie er die Situation wieder in den Griff bekommen könnten.

Die Aufgabe, die der Herrscher für die Berater und klugen Köpfe hatte, war ziemlich kniffelig. Sie mussten einen Weg finden, der die Ziele des Herrschers unterstützt, ihn aber gleichzeitig als den großen Retter der Menschheit aus der Veränderung hervorgehen ließ. So wollte er das Vertrauen in seine Herrschaft und seine Macht wiedererlangen. Für den Berater der die beste Lösung brachte, wurde eine große Belohnung ausgesetzt. Die Teilnehmer der Konferenz überlegten nun eifrig, wie sie den Wunsch des herrschenden Königs am besten umsetzten konnten. Einer der Berater schlug einen Krieg vor, das hatte auch früher schon große Veränderungen bewirkt. Doch das war dem König nicht recht, er wollt nicht mehr kämpfen und so auch vielleicht sein eigenes Leben riskieren. Er wollte auch nicht als der böse Angreifer oder Feind da stehen. Er wusste, dass die Menschen mittlerweile gereift waren und bei einem Krieg nicht mehr mitmachen würden und zuviel würde dabei zerstört werden. 

Schließlich fand einer die Lösung für das Problem. Es musste ein unsichtbarer Feind her. Ein Feind, der eine tödliche Krankheit brachte und dann dazu eine rettende Medizin. Nur mit dieser Medizin sollte man sicher vor dieser Krankheit sein und dass über viele Jahre hinweg.So lange bis die Menschen vergessen würden, dass ihre Körper selbstregulierende Wunderwerke sind und diese letztendlich nur mehr mit Hilfe der Technik und der Medizin des Königs funktionieren können. Über den Körper und die Gesundheit könnte man das Leben der Menschen am besten steuern und dabei natürlich unsagbar reich und mächtig werden, schlug der Berater vor. 

Der König war begeistert von dieser Idee, denn er sah, dass er für diese Medizin gelobt wurde und er gleichzeitig alles von den Menschen dafür verlangen konnten! Er hatte damit die weltweite Macht wieder und sein Reichtum würde unermesslich werden! 

Ein Labor in einem weit entfernten Land bekam daraufhin den Auftrag diesen unsichtbaren Feind zu entwickeln. In der Zwischenzeit wurde geübt und die Menschen wurden langsam vorbereitet. Es wurden Krankheiten geschaffen, die von Vögel, andere die von Schweinen übertragen wurden und es wurden Pillen dafür entwickelt. Doch das war noch nicht genug Macht und Reichtum, denn die Pillen wurden ja nur von denen genommen, die erkrankten und das waren zu wenige. Es brauchte eine Krankheit die wirklich lebensbedrohlich ist und eine Medizin, die alle einnehmen mussten, um sich zu schützen. So forschten sie weiter an der Krankheit sowie an der dazugehörigen Medizin. Der König und sein Beraterteam entwickelten Strategiepläne für den Ausbruch und schulten alle Landesführer in diese Maßnahmenpläne ein. Alle waren also bereit, für diesen großen Tag, an dem die Krankheit ausbrechen sollte.  

Ein perfekter Plan - nur hatte der König nicht damit gerechnet, dass in der Zwischenzeit die gute Frau mit der Goldenen Krone, die tief im inneren der Erde schlief, wieder erwachen würde. Da sie große Heilkräfte besaß, wurde sie vor Tausenden von Jahren verteufelt und verbannt. Doch sie erwachte und sah was auf der Erde gerade geschah. Sie war erschüttert, als sie sah, wie die Menschen sich selbst über die Erde und das Leben stellten. Nein das konnte sie einfach nicht dulden. Sie wusste, wenn sich die Königin jetzt erhebt, wird sich die heilige weibliche Kraft mit ihr erheben, um den nötigen heilenden Ausgleich zu schaffen. Sie nahm also all ihre Kraft zusammen, setzte sich ihre Krone auf und schlich sich eines Nachts in das Versuchslabor, um die Krankheit zu vernichten. Doch die Versuche waren schon zu weit fortgeschritten, der Erreger lies sich nicht mehr zerstören. Die gute Frau mit der Goldenen Krone war verzweifelt. Konnte  sie jetzt nichts mehr tun, was ihrer geliebten Erde und den Menschen noch helfen konnte? 

Aber als die gute Frau mit der Goldenen Krone die Protokolle der Forscher durchforstete, entdeckte sie, dass sie in ihren Entwicklungen noch  nicht so weit waren. Die Krankheit war zwar schon fertig, aber noch nicht so lebensgefährlich wie geplant. So hatte sie nur mehr diese eine Möglichkeit. Sie musste die Krankheit jetzt aus dem Labor frei lassen. Ja sie wusste, das würde ebenso ein Chaos verursachen, aber nicht nur bei den Menschen, sondern auch beim Herrscher und seinen Beratern  - und diese würden Fehler machen. Und die Menschen würden erkennen, wie lange sie schon in diesem Spiel der Abhängigkeiten gefangen waren. Es war ihre letzte Chance. 

Und sie erinnerte sich - all ihre Hüter und Hüterinnen, die sie vor langer Zeit noch verehrten, erzählten immer wieder die gleiche Geschichte. Sie erzählten davon, dass es eine sehr dunkle Zeit auf Erden geben wird, in der der Verstand, Kriege, Macht, Manipulation und Zerstörung vorherrschen werden. Sie hatten aber auch die Vision, dass diese Zeit enden wird und dann ein ganz besonderes Zeitalter eintreten wird. Ein Zeitalter in dem die Menschen ihre wahre Größe erreichen und wieder in Harmonie und Balance leben würden, mit ihrem geliebten Heimatplaneten und untereinander. Die Menschen werden Herz und Verstand wieder in Einklang bringen. Dank des Verstandes werden bahnbrechende neue Technologien entstehen und dank der Kraft des wiedererwachten Herzens werden diese der Heilung und Entwicklung von Natur, Tier und Menschheit dienen. Nicht Leistung und Gier, sondern Freude und Liebe werden die treibenden Kräfte sein. Die Hüter und Hüterinnen nannten es das goldene Zeitalter!

Die gute Frau mit der Goldenen Krone spürte tief in ihrem Herzen, dass dies nun dieser Zeitpunkt des Wandels ist. Sie fühlte, dass sich aus dem Chaos genau diese neue heilige, goldene Ordnung entwickeln würde. Mit zitternden Händen öffnete sie also die Käfige. Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, setzte sie der Krankheit ihre Krone auf. Und die Krankheit brach aus - und sie trug ihren Namen.

Es geschah was geschehen musste, der König und die Oberhäupter aller Länder agierten, wie sie es zuvor geübt hatten, dachten sie doch es wäre, die geplante tödliche Krankheit. Chaos und Panik brachen aus, die Menschen wurden eingesperrt und waren in Angst und Schrecken. Die heilige Rettung aus der Krise und den Einschränkungen wurde durch die neue Medizin des Königs versprochen. Da die Krankheit aber von der guten Frau mit der Goldenen Krone früher als geplant freigesetzt  wurde, war sie zwar bedrohlich und sie traf einige Menschen wirklich sehr hart, aber so tödlich wie geplant, war sie nicht. Dank der Krone, die die Krankheit trug, erkrankten viele auch nur leicht und manche sogar gar nicht. Auch die rettende Medizin war dadurch noch nicht soweit entwickelt und sie musste früher als geplant, noch unfertig zugelassen werden. Und damit begann das Chaos perfekt zu werden. Der Herrscher und seine Berater verstrickten sich immer mehr in ihren Aussagen und die Menschen begannen zu misstrauen. Fehler passierten. Angst und Unsicherheit schürten Hass und Spaltung. Die einen hielten an ihren gewohnten Leben fest, klammerten sich an ihren Verstand, an Zahlen und Daten. Sie verherrlichten die rettende Medizin, die dank der Krone der guten Frau, trotz der ungeplanten Nebenwirkungen, vielen Menschen half. Andere verfluchten und bekämpften den Herrscher und seine Berater, versuchten mit Hilfe ihres Verstandes alles zu widerlegen und sahen die große Verschwörung. Zensur, Manipulation und extreme Haltungen dominierten den Kampf von Recht und Unrecht. Ein erbitterter Krieg der Köpfe begann.

Die Frau mit der Goldenen Krone weilte dabei mutig mitten unter ihnen und flüsterte den Menschen immer wieder ins Ohr: „Erinnere dich, es ist das Herz dass die Lösung bringt, wir sind eins und niemals getrennt, vertraue!“ aber nur wenige konnten sie in diesem Geschrei des Verstandes hören. Zum Glück gab es aber auch noch die, die das Flüstern der guten Frau mit der goldenen Krone hören konnten. Sie leuchteten im Stillen den Weg, da ihr Innerstes bereits gefüllt war mit der Vision der alten Hüter und Hüterinnen.

„Und was passierte dann?“ fragte der Junge den Großvater, der gerade tief in seinen Gedanken versunken war. 

Er seufzte und mit mitfühlenden Blick fuhr er mit seinen Erzählungen fort. „Das Chaos ging  weiter und es wurde immer verrückter. Der König erhöhte den Druck um seine Ziele durchzusetzen. Die Erde begann zu beben, schüttelte all die dunklen Kräfte ab, reinigte sich mit Hilfe von Wind und Wasser und transformierte mit ihrem Feuer. Es war wirklich schwer für uns, uns vorzustellen, was heute für dich so selbstverständlich ist, mein Junge. Mitten in einer Krise sieht man ja nie das Geschenk. Doch die gute Frau mit der Goldenen Krone blieb standhaft und stärkte uns so immer wieder den Rücken. Je lauter das Chaos wurde um so lauter wurde auch ihre Stimme und immer mehr Menschen begannen ihre Worte zu hören. Damit erinnerten sich die Menschen wieder zunehmend an ihren inneren Kern, die alten Visionen und an das Geschenk der Liebe. Sie wurden frei und für die Verführungen und Drohungen des Königs unempfänglich. Ihre Weisheit und Kreativität erwachten. Neue Werte und Sichtweisen, neue Erfindungen und neue Systeme entstanden. Die Zeiten waren nicht immer einfach und doch verloren der alte Herrscher und seine Berater zusehends ihre Macht und verschwanden schließlich ganz.“ 

Der alte Mann machte eine Pause, atmete tief ein und aus und sprach voller Stolz:  „Wir haben es geschafft, wir leben heute in Freude, Liebe und Verbundenheit miteinander. So wie es die Alten prophezeiten und du das seit deiner Geburt kennst. Dies ist der Grund, warum wir die gute Frau mit der Goldenen Krone täglich feiern, mein lieber Junge“

Mit einem Leuchten in den Augen hob der alte Mann nun seinen Kopf und schaute dem Jungen in die Augen. Ihre Blicke trafen sich und es floss eine ganz besondere Energie zwischen ihnen. Eine Energie, die keiner Worte bedarf. Sie verstanden sich. Der Junge erhob sich, nahm ein paar Früchte und brachte sie in tiefer Dankbarkeit zu dem heiligen Platz, der zu Ehren der guten Frau mit der Golden Krone errichtet wurde. Sie lächelte den Jungen an. Und wieder floss diese ganz besondere, erhebende Energie in sein Herz. Wie konnten die Menschen nur früher ohne dieser Energie leben, dachte er. Voller Mitgefühl öffnete er sein Herz noch weiter und schickte etwas davon in die Vergangenheit. 

Zurück in der Vergangenheit traf die Energie des kleinen Jungen mitten ins Herz von Mutter Erde und es geschah etwas Wunderbares.

Die gute Frau mit der Goldenen Krone erwachte...

 

Ein modernes Märchen, frei erfunden
© brainsisters, Sylvia Fischer

 

 

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